Sonntag, 26. Oktober 2008

Ausflug nach Oxford

Am Wochenende hat meine Universität einen Ausflug für die internationalen Studenten nach Oxford organisiert. Das schöne daran: Die Teilnahme ist kostenlos. Die "normalen" International Students haben auf Teilnahmeplätze immer einen Vorrang, da sie die vollen Studiengebühren zahlen. Nur wenn kurz vor Beginn des Ausflugs noch Plätze übrig sind, können die von uns Erasmus-Leuten beansprucht werden.

Wir sind am Samstagmorgen um 9:00 in London abgefahren, um 11 Uhr waren wir in Oxford. Die Stadt ist ähnlich wie Marburg (da habe ich mal studiert): Oxford hat keine Uni, Oxford IST eine Uni. Das Stadtzentrum bilden die zig Colleges der Uni, fast alle im neogotischen Stil errichtet (also so ähnlich wie die Houses of Parliament / Big Ben). Wir hatten einen Stadtführer dabei, der selber in Oxford studiert hatte und sich in der Geschichte der Uni / Stadt unglaublich gut auskannte.

Das besondere an Oxford ist, dass es die Uni an sich nicht gibt. Sie besteht stattdessen aus 39 Colleges, alle mit eigenem Lehrkörper und eigenen Wohnheimen sowie finanzieller Autonomie. Im Christ Church College beispielsweise, Spezialgebiet: Politik und Recht, wurden schon 13 spätere Premierminister ausgebildet. Und irgendwie waren auch alle halbwegs bedeutenden britischen Schriftsteller einmal Studenten oder Professoren in Oxford (so z.B. J.R.R. Tolkien), wenn sie nicht in Cambridge waren. In Oxford nennt man übrigens Cambridge, die andere alterwürdige englische Universität, nur "The Other Place".

Überhaupt alterwürdig: Man meint, wenn man durch Oxford geht, die Geschichte und Tradition dieses Ortes förmlich zu atmen. Alles wirkt so majestätisch-bedeutungsvoll, ohne dabei protzig zu wirken. Man fühlt sich, als müssten die Einrichtungen nicht unbedingt hinausposaunen, wie großartig sie sind. Dieses Gefühl bekommt man als Besucher nach einer Zeit von ganz alleine. So ist das halt, wenn eine Uni den Geist akademischer Großtaten aus acht Jahrhunderten ausstrahlt: Hier hat Tolkien an "Lord of the Rings" geschrieben, da haben TonyBlair, Margeret Thatcher und Benjamin Disraeli gewohnt, dort forschte Isaac Newton, und so weiter. Das macht schon Eindruck.

Und dann gibt es in Oxford noch die Bodleian Library: Englands älteste, traditionsreichste, tollste, bedeutendste (usw.) Bibliothek Englands. Sie hat ein Recht auf ein Pflichtexemplar jedes Buches, das in England gedruckt wurde. Und das seit dem 17. Jahrhundert. Noch dazu befindet sie sich in einem der schönsten Bibliotheksgebäuden, die ich je gesehen habe (natürlich auch im neogotischen Stil erbaut). Wenn man sieht, was für eine paradisisch ausgestattete Bibliothek die Studenten in Oxford haben, kann man sich auch vorstellen, dass die restlichen Studienbedingungen ähnlich fürstlich sind.

Da kommt man sich, wenn ich an meine Mainzer Uni denke, sehr klein vor. Ich dachte mir oft: Hier wird also Europas Top-Elite von morgen ausgebildet, und ich darf einmal kurz reinschauen, mitmachen geht aber nicht. Ein Jahr studieren in Oxford kostet (für EU-Bürger) ca. 3.500 Pfund. 80 Prozent der Studenten stammen aus den obersten 20 Prozent der britischen Bevölkerung (also vom Einkommen her). Soviel zur Chancengerechtigkeit.

Fazit: Oxford ist schön, die Universität ist sehr beeindruckend und altehrwürdig, bleibt aber nur einigen wenigen Priviligierten vorbehalten.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Gute Schreibe. Ich hoffe, dass Du nach London weiter machst...